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Was sind Richtlinien­psycho­therapie­verfahren?

(Stand 09.2016)

Laien und Patienten sind oft verunsichert von der Fülle der angebotenen Therapiemöglichkeiten und den Streitigkeiten, die unter den Verfechtern der jeweiligen therapeutischen Weltsicht herrschen und bei denen es nicht zuletzt auch um Positionierungen im Gesundheitsmarkt und Geld geht. Glücklicherweise entwickelt sich innerhalb der therapeutischen Schulen in den letzten Jahren aber auch die Tendenz, zum Zwecke nachhaltiger Therapieerfolge und damit zum Wohl der Patienten voneinander zu lernen und Bewährtes und Hilfreiches aus anderen Verfahren zu integrieren.

Im deutschen Gesundheitssystem werden die Psychotherapieverfahren vor allem in zwei Gruppen eingeteilt, die sogenannten Richtlinienpsychotherapieverfahren und die weiteren Psychotherapieverfahren.

Als Richtlinienpsychotherapieverfahren sind vier Psychotherapieverfahren von den Krankenkassen anerkannt:

  • die Psychoanalyse,
  • die Verhaltenstherapie,
  • die tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie
    und relativ neu auch die
  • Systemische Therapie.

Anerkannt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Sozialgesetzbuch den Krankenkassen gestattet, die Kosten für solche Einzel-Psychotherapien zu übernehmen, die von

  • einem ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten
  • mit Kassenzulassung (Kassensitz)
  • in einem dieser vier Verfahren durchgeführt werden.

Neben der ambulanten Einzeltherapie gibt es aber auch die ambulante Gruppenpsychotherapie und vor allem die stationäre Einzel- oder Gruppenpsychotherapie. Besonders im stationären Kontext werden viele psychotherapeutische Angebote eigenverantwortlich von anderen Berufsgruppen als den ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt, und hier werden viele andere Therapieverfahren als die Richtlinienpsychotherapieverfahren mit Erfolg angewendet und von den Krankenkassen bezahlt, z.B. die Musik- und Kunsttherapie und die Körpertherapieverfahren.

An dieser Stelle widerspricht sich also das öffentliche Gesundheitssystem, wenn es im Gesetzestext (und leider auch im Sprachgebrauch in der Kommunikation mit Patienten) für die stationäre Einzelpsychotherapie sowohl die anderen Berufsgruppen als die ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten als auch die weiteren Psychotherapieverfahren als „unqualifiziert“ bezeichnet und nicht anerkennt.

Weitere Psycho­therapie­verfahren

Mit der Begründung der Psychoanalyse durch Sigmund Freud war der Entwicklung unterschiedlichster Psychotherapieschulen Vorschub geleistet, die unterschiedliche Theorien und Behandlungstechniken hervorbrachten. Auch wenn das öffentliche deutsche Gesundheitssystem für die Einzelpsychotherapie aus verschiedenen Gründen nur vier davon einbezieht, gibt es weitere, effektive und bewährte Verfahren, die im Folgenden genannt werden. Für eine konkretere Beschreibung und Erklärung der Verfahren bedienen Sie sich bitte der reichlich vorliegenden Fachliteratur und anderen Quellen. Nicht zuletzt sollte auch jeder Therapeut sein Verfahren ausführlich erklären und beschreiben.
Weitere verbreitete psychotherapeutische Verfahren sind zum Beispiel

  • humanistische Verfahren wie
    • Gestalttherapie
    • Logotherapie und Existenzialanalyse
    • Gesprächspsychotherapie
    • Psychodrama
    • Neuro-Linguistische Psychotherapie
  • analytische Verfahren wie
    • Individualpsychologie
    • Analytische Psychologie
  • tiefenpsychologische Verfahren wie
    • Hypnosepsychotherapie
    • Katathym-Imaginative Psychotherapie
    • Konzentrative Bewegungstherapie
    • Transaktionsanalyse
  • integrative Verfahren wie
    • Integrative Therapie
  • körperorientierte Verfahren wie
    • Bioenergetische Analyse
    • Biosynthese
    • Körperpsychotherapie
  • kunst- und ausdrucksorientierte Verfahren wie
    • Kunsttherapie
    • Musiktherapie
    • Tanztherapie

Wer bezahlt eine Psychotherapie?

Für die Kosten einer Einzelpsychotherapie können verschiedene Stellen aufkommen:
  • Sie als Selbstzahler (Leistung wird privat in Rechnung gestellt) haben die freie Therapeuten- und Verfahrenswahl
  • eine Private Krankenversicherung oder Krankenzusatzversicherung bezahlt je nach vereinbartem Tarif unterschiedliche Leistungen definierter Leistungsanbieter. Informieren Sie sich in jedem Fall im Vorwege einer Psychotherapie, für welche Leistungen genau bei welchem Anbieter dieser Leistung und in welchem Umfang Ihre Private Kranken- bzw. Zusatzversicherung für die Kosten aufkommt.
    Private Versicherer sind in der Gestaltung ihrer Tarife grundsätzlich frei in der Wahl der Therapeuten und Verfahren. Manche orientieren sich dabei an den gesetzlichen Richtlinien des öffentlichen Gesundheitswesens, manche gehen aufgrund der schlechten psychotherapeutischen Versorgungssituation in Deutschland mittlerweile innovativere Wege, wie z.B. unsere Partner.
  • die gesetzlichen Krankenversicherer (Krankenkassen) dürfen im Rahmen ihrer gesetzlich geregelten und in den Satzungen festgelegten Leistungen nur die Kosten solcher psychotherapeutischen Leistungen übernehmen, die von ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten in Richtlinienpsychotherapieverfahren durchgeführt werden, wenn die Therapeuten einen Kassensitz (eine kassenzugelassene Praxis) haben. Die Zahl der Kassensitze für Psychotherapeuten ist in Deutschland stark reglementiert und orientiert sich an einem 1999 ermittelten Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung, der dem heutigen Bedarf in keiner Weise mehr entspricht, was zu einer gravierenden Unterversorgung geführt hat. Bedauerlicherweise führt der aktuelle Sparkurs der Politik zu weiteren Einschränkungen und Kürzungen. Während keinem Patienten mit Beinbruch zugemutet würde, mehrere Wochen oder gar Monate auf eine Behandlung zu warten, wird den psychisch erkrankten oder in die Krise geratenen Patienten zugemutet, bis zu einem Jahr auf eine angemessene Behandlung zu warten.
  • die Beihilfestellen zur Unterstützung Beamter, Soldaten und Berufsrichter orientieren sich an den Regelungen, die bei den gesetzlichen Krankenversicherern Anwendung finden.